Ich halte mich selbst für einen eher freundlichen Menschen. Und wenn die normale Freundlichkeit mal nicht möglich ist – und auch diese Fälle gibt es – dann doch für einen Menschen, der zumindest grundlegende Regeln der Höflichkeit beachtet. Von den ganz seltenen Fällen, in denen beides überhaupt nicht möglich ist, möchte ich hier mal nicht reden.
Immer wieder erstaunt bin ich darum über die Menschen, denen das völlig fremd zu sein scheint, Menschen, die an den einem Tag grüßen oder zurück grüßen, wenn du ihnen begegnest, und dann am nächsten Tag so tun, als ob sie dich nicht kennen. Jetzt wieder erlebt in der Form, dass man sich begegnet, ganz wenige Schritte voneinander entfernt steht, alles um einen herum leer ist, man sich praktisch zum gegenseitigen Wahrnehmen genötigt, ja gezwungen sieht – und nichts passiert.
Und das sind dann noch nicht einmal die nicht so seltenen Fälle, wo es ganz offensichtlich ist, was das Antrieb für solche Freundlichkeit ist: etwas zu wollen, zu brauchen und darum über seinen Schatten springt und dabei eine gewisse Form von Freundlichkeit an den Tag zu legen, die einem ansonsten eher fehlt.
Nein, es ist diese ganz normale sich begegnen, sich wahrzunehmen und sich zu ignorieren. Das oftmals selektive, möglicherweise von Stimmungen und Launen geprägte Verhalten, das an dem einen Tag zu einem Hallo und am nächsten zu komplettem Ignorieren führt. Ich nenne ein solches Verhalten soziopathisch – und das führt bei mir zu kurzem Verifizieren und dann zu langem Ignorieren. Und das mag dann bei manchen Soziopathen den Eindruck erwecken, als wäre ich einer von ihnen, denn solchen Menschen kann ich im Aufzug oder auch aufeinander zugehend in einem schmalen Korridor begegnen – und sie vollständig ignorieren. Und eine leise Hoffnung zu hegen, dass dieses Verhalten eine gewisse Irritation zurücklässt.